Mondglanz by Ann Aguirre

Mondglanz by Ann Aguirre

Autor:Ann Aguirre [Aguirre, Ann]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fantasy
Amazon: B00DBVS6W4
Herausgeber: Blanvalet Taschenbuch Verlag
veröffentlicht: 2013-06-16T22:00:00+00:00


26

Die Suite ist dunkel, und alles ist still, als wir zurückkommen. Irgendwie passt das zu der düsteren Stimmung, die sich zwischen uns breitgemacht hat. Hätte jemand mir erzählt, dass mich das Schicksal des Kopfgeldjägers, der mich beinahe zur Strecke gebracht hätte, eines Tages so berühren würde, ich hätte ihn für verrückt erklärt. Aber Freundschaft kommt in den unterschiedlichsten Gewändern daher, manchmal so bizarr verkleidet, dass wir sie erst nach einer ganzen Weile erkennen.

Normalerweise sitzt Constance im Schlafmodus vor dem Terminal. Ich habe ihr gesagt, dass sie sich gern herunterfahren und ihre Batterien aufladen kann, sobald sie ihre Aufgaben erledigt hat; falls ich sie brauche, würde ich sie wecken. Diese »Erlaubnis« erspart mir, Constance erklären zu müssen, dass ich sie nicht immer und überall als Zeugin dabeihaben will. Irgendwie macht mir das ein schlechtes Gewissen.

Ich kann sie nirgends entdecken, aber das beunruhigt mich nicht allzu sehr, weil ich viel zu gespannt bin auf das, was Vel zu sagen hat. Im Gegenteil. Wäre sie hier, um alles mit anzuhören, würde es sich Velith womöglich noch einmal überlegen und vielleicht doch nicht reden.

Ich lege mich aufs Bett, ohne meine Robe abzulegen.

Vel steht im Halbschatten und starrt nach draußen auf die glitzernde Skyline. Ich frage mich, ob er überhaupt irgendetwas sieht außer den Geistern der Vergangenheit, die auch mich verfolgen.

»Wie Sie wissen«, beginnt er schließlich, »bin ich der Nachkomme einer Politikerin namens Nok. Was ich Ihnen nicht erzählt habe, ist, dass sie zur Zeit meiner Geburt das Amt der Großen Verwalterin innehatte. Sie erwartete große Dinge von ihren Nachkommen und erzog sie mit eiserner Klaue.«

Er verstummt, als würde er seine Erinnerungen ordnen, und ich habe das Gefühl, Velith gewährt mir einen Einblick in sein tiefstes Innerstes. Ich war ihm nicht mehr so nahe seit dem Tag, an dem wir in jener Eishöhle saßen und glaubten, es wäre unser letzter.

»Du meinst, sie hat sich nicht dafür interessiert, was du wolltest?« Ich ziehe die Knie an die Brust und betrachte ihn im schummrigen Licht.

Vels Augen reflektieren die Lichter der Stadt, wie die eines Menschen es nie tun würden, und er kommt mir seltsam fremdartig und vertraut zugleich vor. Gleich neben meinem Fenster steht ein Stuhl, und ich überlege, ob ich ihm anbieten soll, sich zu setzen. Aber ich glaube, wir kennen uns mittlerweile lange genug, dass ich ihn nicht erst bitten muss, es sich bequem zu machen.

Er bleibt stehen.

»Das Einzige, was sie interessierte, waren ihre Erwartungen«, antwortet er schließlich.

Er spricht in der Vergangenheit von ihr. »Ist sie …?«

»Tot?«, vervollständigt er den Satz. »Ja. Seit vielen Umläufen.«

»Das tut mir leid. Erzähl weiter.« Mir fällt wieder ein, wie empfindlich er auf Zwischenfragen reagiert, und ich beschließe, ihn nicht mehr zu unterbrechen.

»Ich bin aufgewachsen wie die meisten anderen auch«, fährt er fort. »Ausgebildet wurde ich in einer Schule für Mitglieder der Oberklasse, der Schwerpunkt lag auf Diplomatie und Politik. Ich wusste schon sehr früh, dass von mir erwartet wurde, in die Fußstapfen meiner Mutter zu treten. Mein Geschlecht stand dem jedoch entgegen, und außerdem hat mich nie interessiert, was man mir beizubringen versuchte.



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